Alltag nach dem Zweiten Weltkrieg
Info-Text: Nach dem Zweiten Weltkrieg sind zahlreiche Städte in ganz Deutschland durch Bombenangriffe zerstört. Die Menschen leben deshalb in Kellern, in teilweise zerstörten Wohnungen oder selbstgebauten Hütten. Es gibt oft keinen Strom oder fließendes Wasser. Die Straßen und Eisenbahnschienen sind unbefahrbar. Auch Essen gibt es nicht genug, fast alle Menschen hungern und kämpfen jeden Tag ums Überleben.
Da es zu wenig Lebensmittel in Deutschland gab, verteilten die Siegermächte* des Zweiten Weltkriegs, die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion, sogenannte Lebensmittelkarten an die Bevölkerung. In der Sowjetischen Besatzungszone* gab es fünf verschiedene Kategorien der Lebensmittelkarten, je nachdem, wie schwer eine Person arbeiten musste.
• Kategorie 1: Schwerstarbeiter und Politiker
• Kategorie 2: Schwerarbeiter
• Kategorie 3: Arbeiter
• Kategorie 4: Angestellter
• Kategorie 5: Sonstige (Kinder, Rentner, NSDAP-Mitglieder, Schwerbehinderte, Nichterwerbstätige)
Da es von den Grundnahrungsmitteln wie Brot, Fleisch, Fett, Zucker, Kartoffeln, Salz oder Kaffee nach dem Krieg zu wenig gab, wurden sie mithilfe der Lebensmittelkarten in Portionen an die Familien verteilt. Ein normal arbeitender Erwachsender bekam im Jahr 1946 in der Sowjetischen Besatzungszone* zum Beispiel 1550 Kalorien pro Tag.
Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland* (kurz SMAD) war nach dem Zweiten Weltkrieg die Regierung in der Sowjetischen Besatzungszone* Deutschlands, zu der auch Leipzig gehörte. Am 30. Oktober 1945 erließ sie den Befehl Nr. 124, der große Industriebetriebe von vermeintlichen* und wirklichen NSDAP-Mitgliedern in Staatseigentum überführte. Die Beschlagnahme* der Betriebe machte auch Selbständigen* Angst. Sie befürchteten, dass ihr Besitz ebenfalls an den Staat fallen könnte. Viele von ihnen wanderten daher nach Westdeutschland aus.
Aufgaben
Aufgabe 1: Quelle 1 (Lebensmittelkarte von 1945) zeigt eine Lebensmittelkarte, wie sie auch Hannelore Jahns Vater erhielt. Quelle 2 (Tagesration an Lebensmitteln in der Nachkriegszeit) stellt die Menge an Lebensmitteln dar, die man 1948 am Tag bekam. Arbeite anhand beider Quellen die Ernährungslage der Familie von Hannelore Jahn in der Nachkriegszeit heraus.
Aufgabe 2: Analysiere die Quelle 3 (Befehl der SMAD über die Beschlagnahme von Eigentum*) vom 30. Oktober 1945 und erläutere, welche Befürchtungen der Befehl bei Hannelore Jahns Vater ausgelöst haben muss.
Quelle 3 | Befehl der SMAD über die Beschlagnahme* von Eigentum*
Befehl
des Obersten Chefs der Sowjetischen Militärverwaltung und Oberbefehlshabers der Gruppe der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland den 30. Oktober 1945
Nr. 124
Berlin
Über die Beschlagnahme und provisorische* Übernahme einiger Eigentumskategorien in Deutschland.
Um den Raub und anderen Mißbrauch des Eigentums, das früher dem Hitlerstaat, den Militärbehörden, den durch das Sowjetische Militärkommando verbotenen und aufgelösten Gesellschaften, Klubs und Vereinigungen gehört hat, zu verhindern, sowie um dieses Eigentum am rationellsten für die Bedürfnisse der örtlichen Bevölkerung und der Besatzungstruppen auszunutzen, befehle ich:
1. Das Eigentum, das sich auf dem von den Truppen der Roten Armee besetzten Territorium Deutschlands befindet und
a. dem deutschen Staat und seinen zentralen und örtlichen Behörden;
b. den Amtsleitern der Nationalsozialistischen Partei, deren führenden Mitgliedern und einflußreichen Anhängern;
c. den deutschen Militärbehörden und Organisationen;
d. den von dem Sowjetischen Militärkommando verbotenen und aufgelösten Gesellschaften, Klubs und Vereinigungen;
e. den Regierungen und Staatsangehörigen (physische und juristische Personen) der auf Seiten Deutschlands am Krieg beteiligten Länder;
f. Personen, die von dem Sowjetischen Militärkommando durch besondere Listen oder auf eine andere Weise bezeichnet werden,
gehört, als beschlagnahmt zu erklären.
2. Das herrenlose Gut, das sich auf dem von den Truppen der Roten Armee besetzten Territorium Deutschlands befindet, in provisorische* Verwaltung der Sowjetischen Militärverwaltung zu nehmen.
3. Sämtliche deutschen Ämter, Organisationen, Firmen, Unternehmen und sämtliche Privatpersonen, in deren Nutzung sich gegenwärtig das in den Punkten 1 und 2 dieses Befehls aufgezählte Eigentum befindet oder die von einem solchen Eigentum Kenntnis haben, sind verpflichtet, nicht später als binnen 15 Tagen vom Tage der Veröffentlichung dieses Befehls an eine schriftliche Erklärung über dieses Eigentum an die örtlichen Selbstverwaltungsorgane (Stadtbezirks-, Kriegsverwaltung) einzureichen.
In der Erklärung ist genau anzugeben: Art des Eigentums, sein genauer Standort, Besitzverhältnis und sein Zustand am Tage der Erklärungsabgabe.
[…]
Der Oberste Chef der Sowjetischen Militärverwaltung Oberbefehlshaber der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland
Marschall der Sowjetunion
G. Shukow
Quelleninformation:
URL: https://archive.org/details/SMADBefehleAuszug [eingesehen am 10.12.2017].
Aufgabe 3: Beurteile nun auf Basis der Aufgaben 1 und 2 sowie deinen Informationen aus dem Video, weshalb der Vater von Hannelore Jahn 1949 beschloss, mit seiner Familie in den Westen zu gehen.
Die Berliner Blockade
Info-Text: Die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, die
USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion, wollten verhindern, dass Deutschland wieder stärker wurde und einen neuen Krieg anfangen könnte. Deswegen wurden ganz Deutschland und Berlin unter den vier Siegermächten aufgeteilt. Obwohl alle vier Siegermächte einen Teil Berlins verwalteten, lag die Stadt jedoch inmitten der sowjetischen Besatzungszone. Als in Westdeutschland 1948 die D-Mark* eingeführt wurde, sollte diese Währungsreform* auch in West-Berlin umgesetzt werden. Daraufhin versuchte die Sowjetunion, neben Ost-Berlin auch West-Berlin unter ihre Kontrolle zu bekommen. Sowjetische Truppen sperrten am 24. Juni 1948 alle Wege, die nach West-Berlin hineinführten. Westberlin war vollkommen abgeriegelt. Dadurch gelangten keine Lebensmittel mehr in die Stadt. Deswegen errichtete die amerikanische Besatzungsmacht die Luftbrücke. Die Lebensmittel und andere wichtige Dinge zum Leben kamen nun fast ein Jahr lang mithilfe von Flugzeugen nach West-Berlin, die die Ostzone überflogen. Oft warfen die Flugzeuge Päckchen für die Kinder in West-Berlin ab. Deswegen nannte man sie auch „Rosinenbomber“.
Aufgaben
Aufgabe 1: Beschreibe mit Hilfe der Quelle 4 (Besatzungszonen Deutschlands 1945 bis 1949) die Aufteilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg.
Aufgabe 2: Skizziere auf Basis der Quelle 5 (Luftbrücke Berlin) und Quelle 6 (Fotografie eines Rosinenbombers) die Versorgungsflüge der Siegermächte nach Westberlin.
Quelle 5 | Luftbrücke Berlin
Quelleinformation
Moser, Fritz (Hrsg.): Luftbrücke Berlin. Ein dokumentarisches Bildbuch, Berlin-Grunewald 1949, S. 79d.
Quelle 6 | Fotografie eines Rosinenbombers
Quelleinformation
Moser, Fritz (Hrsg.): Luftbrücke Berlin. Ein dokumentarisches Bildbuch, Berlin-Grunewald 1949, S. 87.
Aufgabe 3: Erläutere nun mit deinem Wissen aus Aufgabe 1 und 2 sowie den Informationen, die du aus dem Video erhalten hast, wie es Hannelore Jahn und ihrer Familie gelang, über Berlin in den Westen zu fliehen.
Aufgabe 4: Beurteile mithilfe der Informationen aus dem Video, ob es gefährlich für die Familie war, über die Luftbrücke die Sowjetische Besatzungszone zu verlassen und in den Westen zu reisen.